Pflege neu denken!
"Mit 300.000 examinierten Pflegekräften haben wir in NRW aktuell so viele Fachkräfte wie noch nie – trotzdem sind es immer noch zu wenige“, so Laumann zum Auftakt unserer gestrigen Veranstaltung im Foyer der Steverhalle. Unter dem Motto „Gute Pflege braucht gute Voraussetzungen“ diskutierten Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegekräfte und weitere Fachleute aus der ambulanten, stationären und palliativen Pflege mit dem NRW-Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Karl Josef Laumann. In einem kurzen Impulsvortrag skizzierte Laumann Bemühungen und Erfolge der aktuellen Regierung im Bereich der Plege wie die Schaffung von ausreichend Plätzen in den Pflegeschulen und die Abschaffung des Schulgeldes in Gesundheitsfachberufen. "Doch es ist mit einem weiteren Anstieg an Pflegebedarfen zu rechnen, den die Zahl der Berufseinsteiger nicht abdecken kann. Hier droht eine wachsende Lücke, die wir auch nicht durch die grundsätzlich wichtige Zuwanderung von Pflegekräften schließen können", so Laumann.
„Dafür sind neue Denkansätze erforderlich!“. So soll künftig ein Fokus auf die Kombination aus familiärer und professioneller Pflege gerichtet werden. Dafür sollen Angehörige und Familien u.a. durch eine an der Elternzeit orientierten Pflegezeit, flexibel gestaltbare Arbeitszeiten sowie durch den Ausbau zusätzlicher Kinderbetreuungsmöglichkeiten so unterstützt werden, dass die Pflege in der Familie denkbar ist. Ansätze, die die Diskussionsgäste durchaus begrüßten. Dennoch muss parallel die Attraktivität des Pflegeberufes u.a.durch entsprechende Wertschätzung, die sich auch in der Einhaltung von Arbeitszeiten zeigt, gesteigert werden – darin waren sich die Vertreter von medizinischer und pflegerischer Seite einig. Nicht selten führe ein ständiges Abweichen von Dienstplänen durch Personalmangel und mehrfach hintereinander liegende Wochenenddienste zu hoher Frustration und letztlich zum Ausstieg. Auch wenn die Bezahlung nicht, wie häufig vermutet, der große Knackpunkt sei, müsse auch hier neu gedacht werden. Die Vergütung entspreche häufig nicht der Verantwortung und Belastung, die mit dem Pflegeberuf einhergehe. Eine höhere Bezahlung könne zu mehr Teilzeitarbeit führen, die vor allem für junge Mütter und Väter wichtig sei. Ein Problem stellten auch Zeitarbeitsfirmen dar, die anders als in anderen Berufen, bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen böten als ambulante Pflegedienste, Einrichtungen und Krankenhäuser. Allerdings bauten diese Pflegekräfte nicht die Beziehung und Verantwortung gegenüber den Patienten auf wie festangestellte Kräfte. Dies sei aber ebenfalls ein Baustein für gute Pflege. Probleme anderer Art entstünden für ambulante Pflegedienste, wo tariflich bezahlt werden muss, aber nicht kostendeckend gegenüber den entsprechenden Stellen abgerechnet werden kann, führte die Inhaberin eines ambulanten Pflegedienstes aus. Hier bot Laumann Unterstützung für den Fall an, dass sich diese Frage auch vor einem Schiedsgericht nicht lösen lasse. Um bessere Bedingungen für den Berufsstand zu erreichen, insistierte Laumann, müssten sich die Pflegekräfte unbedingt organisieren und ihre Interessen intensiv vertreten – am besten über die Pflegekammer. "Wo es um Entscheidungen für den Bereich der Pflege geht, sitzen häufig die Betreffenden nicht mit am Tisch. Das muss sich ändern!“, so Laumann. Das eine Rezept zur Beseitigung des Pflegenotstands hatte Laumann jedoch verständlicherweise nicht in der Tasche. Hier ist eine dauerhafte gemeinsame Kraftanstrengung von allen Seitein erforderlich.